Mainz ist nicht die Lower East Side in New York. Aber irgendwie scheinen solche Bilder
vom trashigen Hinterhof Charme schräger Galerien in den Köpfen junger Leute zu spuken,
die sich zur „Ausstellung Performance“ „Das pochende Herz“ in der Zanggasse 9 A eingefunden
haben. Man sitzt am Boden eines Raumes und rundum gurgelt es und blubbert. Dieses Geräusch
kommt von mehreren Kaffeemaschinen älteren Datums, die unablässig vor sich hin röcheln.
Auf einer Heizplatte stehen zwei Töpfe, die ebenfalls köcheln, während einer der Künstler
ein Pulver in die Flüssigkeit schüttet.

Das ist nicht die WG, die ihr Abendessen zubereitet, nein, das ist eine Performance mit dem
bedeutungsvollen Titel „Parallel“.
Gleich daneben nämlich schüttet die Künstlerin Paula mit einer Schippe feinen Quarzsand über
eine weitere Kaffeemaschine am Boden, die aber ausgeschaltet ist. Über der gesamten Installation
schweben mobile gleich drei schwarze Pappmache Fische und dazu klingt leise Musik aus der Anlage,
die dem Ganzen ein entspanntes Fluidum verleiht. Wenn da nicht die fotografierenden und filmenden
Männer wären, die das ganze Kunstwerk für die Nachwelt dokumentieren.

An den Wänden und in den Fensternischen der „Galerie“, die auf dem Plakat an der Haustür
auch als „Ultimate Academy“ firmiert, finden sich als Kunstwerk getarnte Kitschbildchen
von Soldaten in grünen Tarnuniformen, die von silbrigem Sand und einem imitierten Perlenarmband
eingerahmt werden. Viel Mythisch Bedeutungsvolles wird hier geboten, wie das Foto von einem
älteren Herrn im T Shirt, der vom Fernsehschirm lächelt und darunter der Werbeslogan einer
Supermarktkette: „Plus. Prima leben und sparen“.

Ein halbes Dutzend junger Leute hat sich selbstbewusst zu diesem Happening zusammengefunden,
an dem man privat sicher seine Freude haben kann. Da nimmt man auch den Hinweis auf den
Feuerlöscher ganz gelassen, nachdem zum dritten Mal die Hauptsicherung rausgeflogen ist,
wegen der vielen Kaffeemaschinen.

7. Oktober 2003 Allgemeine Zeitung, Mainz